Syrien: "Assad und Jolani - zwei Seiten derselben Medaille"

 

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Ein Junge, gerade einmal neun Jahre jung, wird vor ein paar Tagen von syrischen Sicherheitskräften in Homs abgeführt. Sein Schulleiter hatte ihn bei der Abteilung für politische Sicherheit gemeldet. Das Verbrechen: Der Viertklässler hatte ein Bild des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad in seinem Lehrbuch bemalt. Das Schicksal des Grundschülers ist bislang ungewiss. Osama Suleiman, Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, hegt kaum Hoffnung, dass der Junge lebend zu seiner Familie zurückkehren wird. Der Vorfall erinnert schmerzhaft an damals.  Vor dreizehn Jahren befeuerte die Verhaftung von Kindern in Daraa die Revolution. Fünf Freunde, noch Teenager, sprühten im Februar 2011 “Nieder mit dem Präsidenten!“ und „Du bist dran, Doktor“ – so wird der studierte Arzt Assad in Syrien genannt – an die Wand ihrer Schule. Die Siebtklässler wurden daraufhin inhaftiert und gefoltert. Im Gegensatz zu vielen anderen überlebten sie. Das brutale Vorgehen gegen Minderjährige ist seither ein gern genutztes Mittel des syrischen Regimes. Im vergangenen Jahr wurden allein 56 Kinder wegen ähnlicher "Vergehen" verhaftet und in Assads Gefängnissen zu Tode gefoltert.

Dreizehn Jahre nach dem Ausbruch der Revolution hat sich in Assads Syrien kaum etwas verändert und schon gar nichts zum Guten. Neben Repression, willkürlichen Verhaftungen, Folter, Verschwindenlassen und weiteren schwersten Menschenrechtsverbrechen, leiden viele Menschen heute inmitten von Trümmern auch unter der desaströsen humanitären und wirtschaftlichen Situation. Hunger und Verzweiflung sind allgegenwärtig. Auch deshalb wird in den Provinzen Suweida und Daraa, die formal unter Assads Kontrolle stehen, wieder offen der Sturz des Regimes gefordert. Seit über 200 Tagen halten die Proteste im Süden Syriens bereits an. Ein Ende ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Die Bewegung wächst und sie setzt sich gegen jede Einflussnahme von außen zur Wehr.  Daran ließ die Aktivistin Raya Sibeye aus Suweida bei unserer Veranstaltung 'Ohne Frauen kein Frieden in Syrien' vergangenen Dienstag keinen Zweifel: "Wir möchten ein demokratisches Syrien mit einer neuen Verfassung! Wir möchten, dass alle politischen Gefangenen freigelassen werden! Wir möchten keine Besatzung, von welchem Land auch immer!” Und auch im Norden des Landes formiert sich vehementer Protest – hier gegen die islamistische Miliz Hai’at Tahrir al-Sham (HTS). Die Dschihadistengruppe um Anführer Abu Mohammad al-Jolani kontrolliert die Provinz Idlib und ist von der Bevölkerung verhasst. Willkürliche Verhaftungen, Repression und Folter sind hier an der Tagesordnung. In vielen Städten Idlibs fordern die Menschen deshalb den Sturz Jolanis, die Freilassung der Gefangenen und grundlegende Reformen.