Türkei zwingt Zehntausende zurück in den Folterstaat Syrien



Die Türkei verfolgt immer mehr syrische Schutzsuchende und zwingt sie, “freiwillig” auszureisen. Der schockierende Bericht einer Menschenrechtsorganisation dokumentiert nun das Ausmaß einer Hetzkampagne, die ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hat.


(Fotocollage WDR monitor)

„Sie versuchten, alle Syrer*innen zu verhaften und deren Daumenabdruck auf das Dokument für die freiwillige Rückkehr zu bekommen […] mit oder gegen ihren Willen“, so wird Mustafa im Bericht der Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth & Justice (SFJ) zitiert. Er ist eines der Tausenden Opfer der groß angelegten Abschiebekampagne, welche die türkischen Behörden unter dem Deckmantel der Bekämpfung “irregulärer Migration” führen. Allein in der ersten Jahreshälfte 2023 dokumentierte SFJ knapp 30.000 Abschiebungen von Geflüchteten nach Syrien.

Die türkische Regierung spricht lieber von “freiwilliger Rückkehr”. Betroffene berichten das Gegenteil: Sie erzählen von willkürlichen Festnahmen und monatelanger Verwaltungshaft. Dabei sollen sie nicht über die Gründe aufgeklärt worden sein und keinen juristischen Beistand erhalten haben. Übereinstimmend beschreiben sie auch, dass die türkischen Behörden die festgehaltenen Geflüchteten zwingen, die Papiere für ihre Ausreise zu unterschreiben. Schläge und Demütigung durch Polizeibeamt*innen scheinen Alltag und nicht Ausnahme in den Abschiebe- und Haftzentren zu sein. Zudem gebe es kaum Verpflegung und selten Wasser. Außerdem wird ihnen medizinische Versorgung verweigert. 

Kimlik heißt der Ausweis, den syrische Geflüchtete in der Türkei zur Identifikation mit sich führen. Nur leider schützt er nicht (mehr) vor Abschiebung. Die Kurdin Roujin aus der syrischen Stadt Afrin besaß einen solchen gültigen Kimlik und wurde dennoch mit ihren Kindern zur Rückkehr gezwungen. Sie hatte gegen keine Auflage verstoßen, ihr Ehemann ist noch in der Türkei. 

Die Verletzungen der Rechte von Geflüchteten in der Türkei sind nicht nur real, sondern auch mannigfaltig.

Denn die Abschiebungen, von denen die meisten kollektiv durchgeführt werden, verstoßen gegen das Gesetz 6458 über Ausländer und internationalen Schutz (LFIP). Dieses gewährt Syrer*innen „vorübergehenden Schutz in der Türkei, stellt sicher, dass sie nicht zurückgeschickt werden und garantiert ihren Aufenthalt, bis sie in ihrem Herkunftsland sicher sind“. Zudem verstoßen Abschiebungen nach Syrien gegen den völkerrechtlichen Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-Refoulement-Gebot), da dort das Risiko extrem hoch ist, Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen zu werden.

Die Behauptung einer freiwilligen Rückkehr steht in klarem Gegensatz zu den belegten Berichten über Menschenrechtsverletzungen. In der EU nimmt man diese Berichte wahr, mehr aber auch nicht. Längst wird über einen neuen EU-Türkei-Deal verhandelt, der Schutzsuchende möglichst fern von Europa halten soll. Stattdessen landen sie in Syrien.

 

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