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Iran: Sittenpolizei „Gasht-e Ershad” patrouilliert wieder großflächig auf den Straßen


Die selbsternannte Sittenpolizei „Gasht-e Ershad” ist wieder großflächig auf den Straßen Irans unterwegs. Die Kontrolle über die Körper der Frauen in dem Land wird noch rigoroser als bisher weitergehen.

Die selbsternannte Sittenpolizei „Gasht-e Ershad” ist wieder großflächig auf den Straßen Irans unterwegs. „Ab heute wird die Polizei mit Streifenfahrten und zu Fuß Menschen warnen und bestrafen, die - leider - Befehlen nicht Folge leisten und weiterhin gegen die Kleiderordnung verstoßen“, zitierte die iranische Nachrichtenagentur Tasnim am Sonntag einen Sprecher der Polizei. Dies deutet darauf hin, dass die Kontrolle über die Körper der Frauen in Iran noch rigoroser als bisher weitergehen wird.

Frauen wegen Verstoß dazu verurteilt, Krankenhäuser zu reinigen

Im Netz veröffentlichte Videos zeigten bereits in den vergangenen Tagen die „Gasht-e Ershad”-Brigaden, die aus systemtreuen Männern und Frauen bestehen, bei der Ermahnung und Festnahme von Frauen, die den vorgeschriebenen Hidschab nicht tragen. Die reformistische Zeitung „Sharg“ berichtete sogar, dass kürzlich vier Frauen dazu verurteilt wurden, „psychologische Lehrgänge zu belegen“ und „Krankenhäuser zu reinigen“, weil sie gegen die Kopftuchpflicht verstoßen haben sollen. Zusätzlich zu dieser Strafe sei auch ein zweijähriges Fahrverbot gegen die Frauen verhängt worden. Entwürdigende Strafen bei angeblichem „Fehlverhalten“ von Frauen gehört zu einer beliebten Praxis des Mullah-Regimes, den Würgegriff um die Gesellschaft zu verstärken.

Ziel der Moralpolizei: „Die Kultur des Anstands und des Hidschabs verbreiten“

Die Moralpolizei „Gasht-e Ershad” gibt es seit 2005. Die berüchtigte Garde wurde unter dem damaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadineschad ins Leben gerufen. Der ultrakonservative Islamist wollte mit der Einheit „die Kultur des Anstands und des Hidschabs verbreiten“. Die Behörde ist dafür zuständig, die Einhaltung der in Gesetzen verankerten Kopftuchpflicht für Frauen und andere der strikten Bekleidungsvorschriften zu kontrollieren. Während die Sittenwächter:innen unter dem Ex-Präsidenten Hassan Rohani (2013-2021) eher nicht aktiv waren, traten sie mit dem amtierenden Ebrahim Raisi wieder in Erscheinung. Die Forderung an Frauen, ihre Körper zu verhüllen und Kopftuch zu tragen, existiert jedoch seit über 40 Jahren.

Jina Amini von Sittenpolizei ermordet

Im vergangenen September hatten Mitglieder der Sittenpolizei in der iranischen Hauptstadt Teheran die Kurdin Jina Mahsa Amini wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Kleiderordnung des islamistischen Regimes festgenommen. Die 22-Jährige aus Seqiz starb in diesem Polizeigewahrsam am 16. September 2022 durch Gewalteinwirkungen – und löste mit ihrem Tod die bis heute andauernde „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution aus. Proteste, die die gesamte Gesellschaft, alle Geschlechter, Altersgruppen und Regionen des Landes erfasst haben – und brutal niedergeschlagen wurden. Mehr als 530 Menschen wurden von Regimekräften getötet, Tausende verletzt und Zehntausende festgenommen. Sieben Demonstranten wurden wegen ihrer Beteiligung an dem Volksaufstand hingerichtet, etlichen weiteren droht die Exekution. Dennoch zeigen sich Frauen immer öfter demonstrativ ohne Kopftuch.

Ablenkungsmanöver: Die „Gasht-e Ershad” wird angeblich aufgelöst

Ende des Jahres gab es dann eine überraschende Nachricht: Iran wolle die „Gasht-e Ershad” abschaffen. Bei einer Religionskonferenz Anfang Dezember sagte der Generalstaatsanwalt des Regimes, Mohammad Jafar Montazeri: „Die Sittenpolizei hat nichts mit der Justiz zu tun, und wurde von denjenigen, die sie in der Vergangenheit eingerichtet haben, geschlossen.“ Die Protestbewegung wertete dieses angebliche Zugeständnis als politische Finte und warnte den Westen vor einem Ablenkungsmanöver der Staatsführung in Teheran. Seit Jahresbeginn nimmt die Verfolgung von Verstößen gegen die Kleidervorschriften wieder massiv zu. Zu den repressiven Maßnahmen zur Durchsetzung gehört unter anderem auch eine Kameraüberwachung im öffentlichen Raum mit Gesichtserkennung.

Gesetzentwurf zur „Stärkung der Hidschab-Kultur und der Keuschheit“

Im Mai präsentierten Justiz und Regime schließlich einen Gesetzentwurf zur „Stärkung der Hidschab-Kultur und der Keuschheit“. In dem viel diskutierten Text wird vorgeschlagen, Geldstrafen und andere Sanktionen gegen alle Frauen zu verschärfen, „die ihr Kopftuch in der Öffentlichkeit oder im Internet abnehmen“. Das Gesetz sieht neue und harte Strafen bei Verstößen gegen die Kopftuchpflicht vor, zunächst mehrfache Verwarnungen, etwa per SMS. Dann drohen Geldbußen, Berufsverbote und in Extremfällen sogar Gefängnis. Zur Kontrolle kommt aber nicht nur berüchtigte Überwachungstechnik zum Einsatz. Auch online veröffentlichte Fotos, auf denen Frauen ohne Kopftuch zu sehen sind, sollen Konsequenzen haben. Restaurants, Museen oder Einkaufspassagen müssen mit Schließung rechnen, wenn dort gegen die Pflicht zum Verhüllen der Haare verstoßen wird. In den vergangenen Monaten waren bereits mehr als 150 Geschäfte geschlossen worden, weil dort gegen die Kleiderordnung verstoßen worden sei.

 

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