Staatlicher Feminizid: "Women Defend Rojava" verurteilt Drohnenterror gegen AANES
„Ein Angriff auf Frauen, die für ein freies Leben kämpfen und die Philosophie von Jin, Jiyan, Azadî mit Leben füllen“ – Die Kampagne Women Defend Rojava verurteilt türkische Drohnenangriffe gegen Nord- und Ostsyrien und kritisiert ausbleibende Reaktionen.
Der ignorierte Drohnenkrieg der Türkei gegen die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien (AANES) hat am Dienstag seine vorerst letzten Opfer gefordert: Yusra Derwêş (Darwish), Lîman Şiwêş und Firat Tuma. Es handelt sich um ziviles Personal der Selbstverwaltung, die gezielt von einer türkischen Killermaschine getötet wurden – eine klare Verletzung des Völkerrechts. Doch Reaktionen der Staatengemeinschaft bleiben aus. Zwei der Todesopfer waren Frauen. Die Kampagne Women Defend Rojava sieht in dem Kriegsverbrechen einen „Angriff auf Frauen, die für ein freies Leben kämpfen und die Philosophie von Jin, Jiyan, Azadî mit Leben füllen“, und bezeichnet es als staatlichen Feminizid. In einer Erklärung heißt es:
20 Menschen durch gezielte türkische Drohnenangriffe in Rojava getötet
Seit der Wiederwahl Erdogans, seit den letzten Tagen und Wochen spitzt sich die Situation in Nord- und Ostsyrien immer weiter zu und die Angriffe durch die Türkei intensivieren sich. Am Dienstag erhielten wir die nächste schockierende Nachricht: Die Türkei hat das Dorf Til Şeîr im Kanton Qamişlo bombardiert und zeitgleich ein Auto auf der Straße nach Beyandor mit einer Drohne angegriffen. Bei dem Drohnenangriff wurden die Ko-Vorsitzende der Selbstverwaltung des Kantons Qamişlo, Yusra Darwish, ihre Stellvertreterin Lîman Şiwêş und deren Fahrer Firat Tuma gezielt getötet. Der Ko-Vorsitzende Gabi Shamoun, der mit ihnen im Auto fuhr, überlebte verletzt.
Seit vergangener Woche sind 20 Menschen durch gezielte türkische Drohnenangriffe in Rojava getötet worden. 20 Menschen, die sich seit Jahren innerhalb der demokratischen Selbstverwaltung engagiert haben, um das Projekt einer gesellschaftlichen Alternative voranzubringen und zu leben. Es sind diese Menschen, die nun durch den türkischen Staat aus dem Leben gerissen wurden. Das türkische Regime setzt in den letzten Jahren gezielt Drohnenangriffe als Strategie ein, um die demokratische Selbstverwaltung, das pluralistische Zusammenleben der Menschen in der Region und die Frauenrevolution in Nord- und Ostsyrien zu zerstören.
Yusra Darwish, Lîman Şiwêş, Jiyan Tolhildan, Zehra Berkel, Mizgîn Kobanê, Ranya Eta oder Mizgîn Botan sind nur einige der zahlreichen Frauen, die in den vergangenen zwei Jahren durch gezielte Drohnenangriffe des türkischen Staates ermordet wurden. Hinter jedem dieser Namen steht die Geschichte einer Frau, die für ihre Freiheit kämpfte. Sie alle waren Frauen, die uns vorgelebt haben, dass die Befreiung der Gesellschaft über die Befreiung der Frau kommen wird; dass wir uns dafür kennenlernen, organisieren und gemeinsam die Zuversicht auf Frieden verteidigen müssen. Sie haben die Philosophie von Jin, Jiyan, Azadî in ihrem Leben verankert und dadurch Frauen weltweit Hoffnung gegeben. Ihre Ermordungen zeigen uns die enorme Gewalt, die das kapitalistische Patriarchat gegen Frauen, die sich wehren, ausübt. Die Morde an ihnen sind politische Feminizide - verübt durch den türkischen Staat mit der Unterstützung zahlreicher weiterer Staaten.
Angriffe in Nord- und Ostsyrien sollen zum „Normalzustand“ werden
Es ist für uns daher keine Überraschung, dass die Staaten nun auch bei den Angriffen in den vergangenen Tagen keine Reaktion zeigen, sondern sich in Schweigen hüllen. Auch die deutsche Bundesregierung mit ihrer angeblichen feministischen Außenpolitik schweigt zu den gezielten Angriffen durch den NATO-Partner Türkei. Während Annalena Baerbock im vergangenen Herbst noch mit „Jin, Jiyan, Azadî“-Plakaten auf dem Parteitag der Grünen posierte, unterstützt sie nun durch ihr Schweigen die Ermordung der Frauen, die diese Philosophie mit ihrem Leben verteidigt haben.
Die internationale Staatengemeinschaft versucht die alltäglichen Angriffe in Nord- und Ostsyrien zum „Normalzustand“ werden zu lassen. Wenn wir uns die aktuellen Reaktionen in den Medien, in der Gesellschaft und auf der Straße anschauen, müssen wir selbstkritisch sagen: Die Taktik der Staaten wirkt. Der alltägliche Drohnenkrieg in Nord- und Ostsyrien wird mehr und mehr zum Alltag, auch unsere Reaktionen darauf werden weniger.
Doch das dürfen wir nicht zulassen! Dem müssen wir uns entgegenstellen! Wir können nicht einfach weiter zuschauen und im Einklang mit der staatlichen Politik schweigen! Der Drohnenkrieg der Türkei ist tödlicher Teil ihrer Vernichtungspolitik gegen die Menschen in Nord- und Ostsyrien. Das türkische Regime versucht jene Menschen einzuschüchtern und zu vertreiben, die in einer kriegsgebeutelten Region seit Jahren ein demokratisches und geschlechtergerechtes Gesellschaftsmodell aufbauen.
Feminizid durch die Türkei
Als Women Defend Rojava, als Internationalist:innen und als Feminist:innen stellen wir uns gegen jede Form von patriarchaler Gewalt und gegen jeden Feminizid! Denn beim Angriff am vergangenen Dienstag wurde wieder einmal ersichtlich und so wird es auch von dem Frauenverband Kongra Star in Nord- und Ostsyrien betont, dass „die faschistische Türkei Frauen angreift, die politisch aktiv sind und sich an vorderster Front für Demokratie und Frauenbefreiung in der Gesellschaft einsetzen. Dies ist das frauenfeindliche Gesicht der Türkei, die versucht, Frauen einzuschüchtern, die in der autonomen Verwaltung in Nord- und Ostsyrien politisch aktiv sind.“ Die gezielte Ermordung von Yusra Darwish und Lîman Şiwêş ist ein weiterer Feminizid durch die Türkei, ein weiterer Angriff auf Frauen, die für ein freies Leben kämpfen. Es ist ein Angriff auf Frauen, die die Philosophie von Jin, Jiyan, Azadî mit Leben füllen.
Der Eskalationsstufe ein Ende setzen - gemeinsam, international, feministisch
Als Women Defend Rojava laden wir alle Menschen ein, ihrer internationalen Verbundenheit mit dem Kampf in Nord- und Ostsyrien Ausdruck zu verleihen! Gemeinsam erheben wir unsere Stimme und gemeinsam werden wir die Frauenrevolution verteidigen! Lasst uns zeigen, dass wir es nicht normal finden und nicht akzeptieren werden, wenn jeden Tag Bomben fallen. Setzen wir der Eskalationsstufe ein Ende! Gemeinsam, international, feministisch!
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