Die Wahlkomitees der Grünen Linkspartei (Yeşil Sol Parti, YSP)
haben sich zum Ziel gesetzt, jede Stadt, jedes Dorf und jeden noch so
abgelegenen Weiler in Nordkurdistan und der Türkei zu besuchen. Eine
Wahlbeobachterin aus Europa schildert ihre Eindrücke.
ANF / AMED, 6. Mai 2023.
Die Wahlkomitees der Grünen Linkspartei (Yeşil Sol
Parti, YSP) in Nordkurdistan und der Türkei haben sich zum Ziel gesetzt,
jede Stadt, jedes Dorf und jeden noch so abgelegenen Weiler zu
besuchen. In der Region Amed (tr. Diyarbakır) machen sich
Wahlkämpfer:innen der Partei jeden Tag mit einem Autokonvoi auf den Weg.
An der Spitze fährt ein großes Auto mit Freiwilligen und jeder Menge
Wahlkampfmaterial, Aufklebern und Plakaten und geschmückt mit
YSP-Fahnen. Aus den Lautsprechern tönt laute kurdische Musik. Noch vor
Ankunft in den Dörfern kommen Kinder und Jugendliche und begleiten das
Wahlkomitee auf Fahrrädern, schwenken Parteifahren und machen das
Siegeszeichen.
Eine europäische Wahlbeobachterin* berichtet: „Jeden Tag erleben wir
unglaubliche Szenen. Manche scheinen bedeutungslos zu sein, aber sie
sagen viel aus über die Stimmung hier. Heute habe ich den ganzen Tag in
einem Wahlkampfbus verbracht, unzählige Male vor allem Kindern mit dem
Bijî-Zeichen geantwortet und gewunken. Gerade eben ist ein Junge eine
Fahne schwenkend auf seinem Fahrrad unserem Wahlkampfbus gefolgt und mit
einem Taxi direkt neben uns zusammengestoßen. Es ist nichts passiert,
er war unverletzt. Die Leute ringsherum haben sich vergewissert, dass es
ihm gut geht. Anstatt ihn anzuschreien, wie es jeder Autofahrer in
Deutschland tun würde, weil er sich mehr um sein Auto sorgt als um das
Kind, kam der Taxifahrer heraus, lächelte und küsste mehrmals den Kopf
des Jungen, weil er froh war, dass dieser unverletzt blieb.“
Die Wahlkämpfer:innen müssen den Dorfbewohner:innen immer wieder nicht
nur das Procedere der Wahl und die Wahlkampfstrategie erklären, sondern
auch die Hintergründe, dass die HDP jetzt unter dem Banner von Yeşil Sol
auftritt und warum sie ihre Stimme für die Wahl zum Präsidentenamt dem
Kandidaten der CHP geben sollen in der Hoffnung, dass damit Erdogan
abgewählt wird. „Es ist nicht einfach, das komplizierte Wahlsystem und
die eigene Wahlkampfstrategie zu erläutern, doch die Kandidat:innen und
die vielen Freiwilligen leisten großartige und geduldige Arbeit, um das
faschistische und kolonialistische Regime der AKP/MHP zu besiegen“,
resümiert die Wahlbeobachterin.
*Es handelt sich nicht um eine offizielle Wahlbeobachterin,
sondern um ein Mitglied einer Reisegruppe, die auf Einladung der HDP und
YSP die Wahlen beobachten wird. Um sie vor Verfolgung der türkischen
Behörden zu schützen, begrenzen wir die Informationen zu ihrer Person.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen