Suryoye in Rojava begehen Neujahrsfest Akitu
Akitu, so wurde das Neujahrsfest im alten Mesopotamien genannt, zählt zu den ältesten Festen der Welt. Es leitet seinen Namen von dem Wort Gerste ab, die sinnbildlich für die Zivilisation und für das aufblühende Leben in der gesamten Region steht.
Am 1. April feiern die Suryoye weltweit das assyrische Frühlingsfest Akitu zum Start des neuen Jahres. Auch die christlichen Völker in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien begingen an diesem Samstag ihr Akitu und begrüßten damit den beginnenden Frühling. Doch das Fest der Erneuerung und der Wiedergeburt der Natur steht in diesem Jahr auch wieder mehr denn je auch im Zeichen des Widerstands gegen die Bedrohungen regionaler wie internationaler Kräfte, die den einzigartigen Versuch, inmitten eines brutalen Krieges eine demokratische Alternative zum Status quo und eine funktionierende multikulturelle Gesellschaft zu etablieren, vernichtet sehen wollen.
Das Akitu, oder auch Kha b' Nisan („1. April“), zählt zu den
ältesten Festen der Welt. Es leitet seinen Namen von dem Wort Gerste ab,
die sinnbildlich für die Zivilisation und für das aufblühende Leben in
der gesamten Region steht. Die zentralen Feierlichkeiten wurden in den
Kantonen Qamişlo und Hesekê begangen, mit Paraden und Tänzen in den
traditionellen assyrischen, aramäischen und chaldäischen Trachten.
In Hesekê hatte die Community der Suryoye in das Dorf Tall Wardiyat bei
Til Temir eingeladen. Auf einer riesigen Grünfläche in der Nähe des
Marienklosters war eine Festbühne aufgebaut worden, die ein Transparent
schmückte, das eine Szene des Akitu im antiken Babylonien zeigte. In
Babylon dauerte das Fest elf bis zwölf Tage und war von fröhlichem
Treiben und prächtigen Prozessionen begleitet. Die
Neujahrsfeierlichkeiten dienten der kultischen Reinigung, der
Entsühnung, sollten die Fruchtbarkeit fördern, eine günstige politische
Entwicklung bewirken und die Weltschöpfung rituell wiederholen. Der
König stand dabei für Marduk: Er ordnete den Kosmos neu. Die Akitu-Tage
waren ein gesellschaftlicher Höhepunkt des Jahres in Babylon, an denen
alle gesellschaftlichen Schichten Anteil hatten.
Heute hat das Akitu kaum noch religiöse, sondern vielmehr eine
kulturelle und politische Bedeutung inne. Als fester Bestandteil des
historischen Erbes der Suryoye und Fest zur Identitätswahrung ist dieser
Tag in der nordostsyrischen Autonomieregion ein gesetzlicher Feiertag,
den auch alle anderen Völker und Religionsgemeinschaften von Rojava
feierlich begehen. Gabriel Shamoun, Mitglied im Exekutivrat der
Assyrischen Einheitspartei (Gabo d'Ḥuyodo Suryoyo), zeigte sich erfreut
darüber, dass unter den Teilnehmenden und Gästen des Festes alle
Gemeinschaften Nord- und Ostsyriens und ihre Institutionen vertreten
waren.
„Akitu ist die Geburt der Geschichte und die Realität der Zivilisationen
Mesopotamiens. Heute zeigen wir, dass wir wieder da sind, dass
vergangenes Leid, Assimilation und Massaker uns nicht zerstören
konnten“, so der Politiker. Nord- und Ostsyrien sei eine „Einheit der
Nationen“, sagte Shamoun und würdigte den gemeinsamen Kampf der Völker
für den Aufbau eines pluralistischen, demokratischen und dezentralen
Syriens.
Ein Vertreter der Konföderation arabischer Stämme wies in seinem
Redebeitrag auf die Bedeutsamkeit der „Geschwisterlichkeit der Völker“
hin, die die Grundvoraussetzung für ein harmonisches und friedliches
Leben in der multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft Nord- und
Ostsyriens sei. Edalet Omer vom Frauenressort der Autonomieverwaltung
sagte, Akitu sei ein „Fest der Freiheit“, das als ein Reichtum für den
Einzelnen und für die gesamte Gesellschaft betrachtet werden sollte.
Neben weiteren politischen Reden gab es auch ein vielfältiges
Kulturprogramm, das sich aus Theater, Poesie, Tanz und Musik
zusammensetzte.
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