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(Wahlkampf Türkei) Die paritätische Doppelspitze bleibt unverzichtbares Prinzip

 


Obwohl die türkische Regierung die genderparitätische Doppelspitze als eine Bedrohung für sich selbst ansieht, wurde das System von der Gesellschaft angenommen. Auch für die Grüne Linkspartei (YSP) ist es ein unverzichtbares Prinzip in allen Gremien.

Einerseits gehen die Angriffe auf die Rechte und das Leben der Frauen weiter, andererseits wird ihr Kampf durch Erfolge gestärkt. Einer dieser Erfolge ist das System der genderparitätischen Doppelspitze. In Deutschland haben die Grünen das System des Ko-Vorsitzes eingeführt, in der Türkei und in Kurdistan leisteten Kurd:innen Pionierarbeit für dieses System. Der Prozess, der mit der Beteiligung von Frauen an den Aktivitäten politischer Parteien begann, führte mit der Doppelspitze zu einer gleichberechtigten Vertretung in allen Gremien.

2005: Aysel Tuğluk wird erste Ko-Vorsitzende einer Partei

Nach der Partei der Arbeit des Volkes (HEP) entwickelte sich die aktive Partizipation von Frauen mit der Partei der Volksdemokratie (HADEP). Frauen in der gemischten Politik prägten und beschleunigten den ursprünglichen Kampf mit der ideologischen Entwicklung. Auf dem von den Frauenorganisationen eingeschlagenen Weg wurden bedeutende Erfolge erzielt. Die Partei der Demokratischen Gesellschaft (DTP) war die erste Partei, die das System des Ko-Vorsitzes in der Politik einführte. Ko-Vorsitzende der 2005 gegründeten DTP waren Aysel Tuğluk und Ahmet Türk. Die Demokratische Partei der Völker (HDP) führte die Doppelspitze erstmalig offiziell in der Türkei ein, was auf den Kampf der Frauen zurückzuführen ist.

Übertragen auf die lokalen Verwaltungen

Das System des gemeinsamen Vorsitzes wurde 2013 offiziell anerkannt. Dies ebnete den Weg für den Ko-Vorsitz in Parteien in der Türkei. Bei den Kommunalwahlen am 30. März 2014 führte die kurdische Bewegung das Reißverschlusssystem und den Ko-Vorsitz in den lokalen Verwaltungen ein. Zuvor waren 35 Prozent (positive Diskriminierung) und 40 Prozent (Quotenregelung) angewandt worden. Seitdem gilt eine 50-prozentige Geschlechterquote und eine paritätische Vertretung in allen Gremien.

Erste Ko-Bürgermeisterinnen auf kommunaler Ebene

Bei den Kommunalwahlen 2004 wurden neun Frauen als Bürgermeisterinnen gewählt, bei den Kommunalwahlen 2009 waren es 15 Frauen. Die DTP war die einzige Partei in Kurdistan und der Türkei mit einer Frauenpolitik, die den Anteil der Bürgermeisterinnen erhöhte. Bei den Kommunalwahlen 2014 trat die BDP mit dem System der Doppelspitze an, und die Partei gewann bei den Wahlen 97 Gemeinden, was zeigt, dass das System in der Gesellschaft auf Resonanz stieß. Im Oktober 2014 ordnete das Verwaltungsgericht Diyarbakır (ku. Amed) die Aussetzung des Systems der Ko-Bürgermeister:innen an, da es gegen das Gesetz verstoße.

Gegen alle Angriffe verteidigt

Mit den Verordnungen mit Gesetzeskraft, die im Rahmen des von der Regierung 2016 ausgerufenen Ausnahmezustands erlassen wurden, wurden Treuhänder in den Gemeinden eingesetzt und der Wille der Wählerinnen und Wähler usurpiert. Vielerorts, wie etwa in der Stadtverwaltung von Amed, wurde das Doppelspitzensystem als einer der Gründe für die Ernennung von Zwangsverwaltern angeführt. Laut einem von der HDP im Jahr 2019 veröffentlichten Bericht wurden nach September 2016 in 95 kurdischen Städten und Gemeinden staatliche Treuhänder ernannt. 93 Ko-Bürgermeister:innen und Hunderte Kommunalratsmitglieder wurden verhaftet. Die kurdische Frauenbewegung reagierte darauf mit der Ansage: „Die Doppelspitze ist unsere lila Linie.“

Ko-Bürgermeister:innen verhaftet

Bei den Kommunalwahlen am 31. März 2019 gewann die HDP in 65 Gemeinden, darunter drei Großstädte und fünf Provinzen. An sechs Orten wurde der gewählten Kommunalverwaltung die Zulassung verweigert, in 48 Orten wurden Zwangsverwalter ernannt. Am 19. August 2019, weniger als fünf Monate nach der Wahl, wurden in Amed, wo die HDP einen Stimmenanteil von 62 Prozent erzielt hatte, in Mêrdîn mit 56 Prozent HDP-Stimmen und in Wan mit 53 Prozent der Stimmen für die HDP, vom türkischen Innenministerium Zwangsverwalter eingesetzt. Die Ko-Bürgermeister:innen wurden aufgrund von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgesetzt, ein großer Teil von ihnen wurde verhaftet. Seit März 2019 sind 84 Ko-Bürgermeister:innen der HDP festgenommen worden. 39 Bürgermeister:innen wurden verhaftet, darunter 21 Frauen. 19 Ko-Bürgermeister:innen sind zu Haftstrafen verurteilt worden, unter anderem wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation.

Unverzichtbares Prinzip

Das von der kurdischen Politik in der Türkei eingeführte System der genderparitätischen Doppelspitze hat sowohl politische Parteien als auch Organisationen der Zivilgesellschaft inspiriert. Obwohl die Regierung dieses System als eine Bedrohung für sich selbst ansieht, wurde es von der Gesellschaft angenommen. Auch für die Grüne Linkspartei (YSP), die anstelle der HDP bei den Parlamentswahlen am 14. Mai antritt, ist die paritätische Doppelspitze ein unverzichtbares Prinzip in allen Gremien.

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