Massenabwanderung aus dem Erdbebengebiet
Der HDP-Abgeordnete Kemal Bülbül warnt vor einer dauerhaften Massenabwanderung aus dem Erdbebengebiet in der Türkei. Es werde versucht, aus der Katastrophe Profit zu schlagen und die Bevölkerungsstruktur zu verändern.
Die Menschen in der Erdbebenregion verlassen massenweise ihre Heimatorte. Der Hauptgrund für die Abwanderung ist die mangelnde Unterstützung durch den türkischen Staat. Die Erdbebenopfer, die keine Unterkunft und kein Essen haben, müssen die Region zwangsläufig verlassen.
Der HDP-Abgeordnete Kemal Bülbül hat sich gegenüber ANF in Semsûr (tr. Adiyaman) zu der Massenabwanderung geäußert. Der alevitische Politiker erklärte, dass die Menschen die Region verlassen, weil ihre Häuser beschädigt oder vollständig zerstört sind. Das dürfe jedoch nicht bedeuten, dass sie ihre Heimat für immer verlassen sollten. Unter Hinweis auf die Probleme in der Erdbebenregion sagte Bülbül:
„Es müssen Vorkehrungen gegen die Sorgen der Menschen getroffen werden. Aber diese Maßnahme darf nicht bedeuten, dass sie ihre Heimat verlassen und weggehen. Der Staat plant das so, aber die Bevölkerung sollte das beachten. Es ist wahr, dass es hier grundlegende Probleme gibt, so etwa bei der Unterbringung, Ernährung, Kommunikation, Sauberkeit, Fütterung der Tiere und Verkehr. Beispielsweise sind der Tabak der Tabakerzeuger und die Aprikosen des Aprikosenerzeuger verschüttet worden. Auch Nutztiere sind unter den Trümmern begraben. Wir müssen uns auch von den psychologischen Auswirkungen des Erdbebens erholen und Maßnahmen für das Leben ergreifen. Denn es gibt hier eine Situation, die über die Verteilung von Lebensmitteln hinausgeht. Das betrifft auch die Migration."
„Es liegen Leichen unter den Trümmern“
Bülbül erklärte weiter, dass die HDP Vorschläge für diejenigen habe, die auswandern müssen: „Sie können vorsorglich gehen, sofern sie wieder zurückkehren. Allerdings müssen auch die Schäden hier festgestellt werden. Die eingestürzten Gebäude müssen untersucht und die Toten identifiziert werden. Die Regierung stellt den Schutt als Müll dar, aber unter diesen Trümmern liegen immer noch Leichen. Außerdem liegen wertvolle Dinge in diesem Schutt, Geräte, Schmuck und persönliche Erinnerungsstücke. Darum muss sich gekümmert werden. Daher ist es möglich, vorsorglich in die Großstädte zu gehen, um dringende Probleme zu lösen, aber nur unter der Bedingung, dass die Menschen wieder zurückkehren."
„Die Regierung kann der Opposition nicht gegenübertreten“
Zudem werde zunehmend versucht, aus der Abwanderung Profit zu schlagen, sagte der HDP-Abgeordnete: „Heute wurde festgestellt, dass 500.000 Menschen nach Mersin gegangen sind. Es gibt auch eine Abwanderung in Städte wie Istanbul, Ankara und Izmir. Aber werden die Bedürfnisse der Menschen dort befriedigt? Nein. Die billigste Miete in Antalya zum Beispiel beträgt 15.000 TL. Wie kann ein Erdbebenopfer, dessen Haus zerstört wurde, 15.000 TL für eine Wohnung bezahlen? Wir haben Leute, die ihre Häuser und Hotels öffnen, aber das wird nicht ewig so bleiben. Denn die Tourismussaison wird eröffnet und diese Möglichkeiten werden verschwinden. Der Staat muss alle seine Möglichkeiten mobilisieren. Er sagt, dass er 110 Milliarden TL gesammelt hat, wie will er dieses Geld verwenden? Das Parlament ist bis heute nicht eröffnet worden, weil die Regierung nicht das Gesicht hat, um der Opposition gegenüberzutreten."
„Die eigentliche Katastrophe ist die AKP“
Bülbül sagte, die eigentliche Katastrophe sei nicht das Erdbeben, sondern die AKP selbst: „Während der Regierungszeit der AKP gab es Überschwemmungen, Brände, Erdbeben, Wirtschaftskrisen und Kriege. Nur ein Meteorit hat die Erde bisher nicht getroffen. Diese AKP ist selbst eine Katastrophe. Die AKP und ihre Mentalität müssen verschwinden. Deshalb sollten wir unsere Heimat nicht verlassen. Wenn wir weggegangen sind, sollten wir zurückgehen. Hier wird eine Politik der Assimilierung und Entvölkerung gegen die kurdische und alevitische Gemeinschaft betrieben. Kümmern wir uns um unsere Zukunft und stärken wir unsere Solidarität. Ich möchte den Organisationen der Zivilgesellschaft danken, die sich hier solidarisch gezeigt und den Erdbebenopfern geholfen haben, der Stadtverwaltung von Çınar für die Verteilung von Lebensmitteln und den Medien für die Berichterstattung über die Wahrheit."
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