Krisenkoordination: „Wir müssen Hatay wiederaufbauen“
In Hatay hat ein breites Bündnis politischer Parteien und zivilgesellschaftlicher Organisationen das politische Verständnis der Erdogan-Regierung angeprangert und konkrete Maßnahmen zum Wiederaufbau der vom Erdbeben zerstörten Region benannt.
Politische Parteien, demokratische Massenorganisationen, revolutionäre Institutionen, Gewerkschaften und Berufsverbände, die sich in der schwer vom Erdbeben betroffenen Provinz Hatay zur Krisenkoordination zusammengeschlossen haben, haben im Stadtteil Akdeniz in Defne eine gemeinsame Erklärung zur aktuellen Lage und dem bestehenden Bedarf abgegeben.
Die Erklärung wurde im Namen des Krisenstabs von Mutlu Aymaz vorgetragen, anwesend waren auch die HDP-Abgeordneten Züleyha Gülüm, Nuran Imir und Ali Kenanoğlu. Mutlu Aymaz gedachte zunächst der Opfer des Erdbebens und sprach den Angehörigen ihr Beileid aus. Weiter sagte die Sprecherin, dass mit aller Kraft dafür gekämpft werden müsse, die Verantwortlichen für diese Katastrophe vor der Justiz auf allen Ebenen zur Rechenschaft zu ziehen.
Aymaz erklärte, dass viele Orte in Hatay, insbesondere Antakya, Defne-Samandağ und Kırıkhan, so stark zerstört sind, dass anstelle von Reparaturen ein vollständiger Wiederaufbau erforderlich sei. „Was über uns hereingebrochen ist, ist nicht nur die Heuchelei der Vertreter einer profitorientierten Politik und des Plünderns, sondern auch die Nachlässigkeit, die Diskriminierung, das Ignorieren und die fehlende Wertschätzung des Ansatzes, der sich über Jahrzehnte angesammelt hat und in Betonblöcken auf unser Volk herabgestürzt ist", sagte Aymaz und betonte, dass die nach dem Erdbeben erfolgte Lynchjustiz und und die rassistischen Angriffe auf Einwanderer:innen und andere Identitäten in keiner Form hingenommen werden darf.
„Wir wollen nicht noch einmal darüber berichten, was sich in den vergangenen zwei Wochen hier abgespielt hat“, erklärte Mutlu Aymaz. Es gebe unzählige Videos und Berichte über die ausgebliebene Hilfe, die Schreie der Verschütteten und ihrer Angehörigen und die Fehler und Versäumnisse bei den Bergungsarbeiten. Vielmehr gehe es jetzt darum, das politische Verständnis der Regierung anzuprangern und die dringendsten Maßnahmen zu benennen. Die Regierung missbrauche die humanitären, gewissenhaften und religiösen Werte der Gesellschaft und spreche angesichts der Anzahl der Toten, die der eines großen Krieges gleichkomme, von „Schicksal“, um von der eigenen Verantwortung abzulenken.
Dringend notwendige Maßnahmen
Die Krisenkoordination in Hatay benannte folgende dringende Maßnahmen zur Bewältigung der Erdbebenkatastrophe:
1. Zunächst muss das Problem der Unterbringung aller in Not geratenen Menschen gelöst werden. Dabei muss der einzigartige Charakter der Region berücksichtigt und die notwendige Infrastruktur bereit gestellt werden. Anstelle von Zeltstädten für Tausende von Menschen sollten Zeltquartiere errichtet werden. Langfristig sollten Containersiedlungen errichtet werden.
2. Der Bedarf in den Bereichen Ernährung, Kleidung, Gesundheit und Bildung muss erfüllt werden. Besondere Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, chronisch Kranken und weiteren benachteiligten Gruppen müssen berücksichtigt werden.
3. Alle Erdbebenopfer müssen eine regelmäßige und kontinuierliche Barunterstützung erhalten, die nicht unter dem Mindestlohn liegt.
4. Beim Wiederaufbau von Hatay muss die historische und kulturelle Struktur der Region respektiert werden. Die Rückkehr der Menschen, die die Region verlassen mussten, muss gefördert werden, und die Region darf auf keinen Fall der Profitgier des Bausektors überlassen werden.
5. In dem Bewusstsein, dass der Tod Zehntausender Menschen weder mit einer Katastrophe noch mit Schicksal begründet werden kann, müssen alle alten und neuen bürokratischen und politischen Verantwortlichen für ihre Entscheidungen zur Rechenschaft gezogen werden.
6. Die Evakuierung der Erdbebenopfer in andere Regionen darf nicht unter Aufsicht von auf Ordens- und Mafiaverbindungen basierenden Institutionen erfolgen. Das Problem der Unterbringung in anderen Orten sollte nicht durch die Evakuierung von Studierendenwohnheimen gelöst werden, sondern durch die Öffnung von Hotels, Pensionen, Unterkünften und Gebäuden, die der Öffentlichkeit gehören, aber von der Regierung bevorzugten Gruppen zugewiesen werden.
7. Wir fordern, dass die Entscheidung über den Standort von Wohngebäuden für die Erdbebenopfer nicht überstürzt wird und dass Wälder, Weiden, landwirtschaftliche Flächen usw. nicht rücksichtslos geplündert werden, während regierungsnahe Unternehmen ihren Reichtum vergrößern.
Mutlu Aymaz betonte, dass sie diese Forderungen verfolgen werden, und rief dazu auf, den Kampf zu verstärken: „Wir müssen dieses Land und unser Leben schützen."
Die beteiligten Parteien und Organisationen
Bei den an der Krisenkoordination beteiligten Parteien und Organisationen handelt es sich um HDP, HDK, DBP, SYKP, Proletarischer Revolutionärer Standpunkt, Plattform der Kaldıraç-Bewegung für den Kampf, Lila Solidarität, TÖP, ESP, Halkevleri, KESK, SMF, SODAP, Revolutionäre Partei, Netzwerk zur Verteidigung der Frauen, IHD Hatay, ÇHD, BDSP, TTB, TMMOB, Partizan, Revolutionäre Bewegung und TİP Hatay.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen