„Camp Hol kann jeden Moment außer Kontrolle geraten“
Cihan Hênan aus der Leitung des Camps Hol, in dem tausende IS-Familienangehörige interniert sind, erklärt, dass das Lager jederzeit aufgrund der türkischen Angriffe auf Nord- und Ostsyrien außer Kontrolle geraten könne.
Trotz vieler Operationen der Sicherheitskräfte und der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) herrscht im Camp Hol vielerorts weiterhin der IS-Terror. In den vergangenen zwölf Monaten wurden Dutzende Menschen im Camp ermordet. Zuletzt wurden zwei Ägypterinnen in der Abteilung für internationale IS-Angehörige ermordet. Die Morde gehen häufig auf das Konto der Hisba, einer Art IS-Frauenpolizei. Die Hisba begeht immer wieder grausame Morde an vermeintlichen Abtrünnigen und ihren Familienmitgliedern. So wurden am 15. November die enthaupteten Leichen zweier Kinder entdeckt. Auch dieses Verbrechen trug die Handschrift der Hisba.
Der IS versucht über die Frauen und IS-Zellen, im Lager die Menschen zu indoktrinieren und insbesondere die Kinder und Jugendlichen zu einer neuen Generation des IS heranzuziehen. Um dies möglich zu machen, versucht der IS jegliche Form anderen Denkens im Lager durch Morde zu vernichten.
Fluchtversuche und Angriff nach türkischer Bombardierung
Am 23. November griff die türkische Luftwaffe die Kontrollpunkte der Kräfte der inneren Sicherheit am Camp Hol an. Daraufhin kam es zu einer Zunahme von Fluchtversuchen von IS-Angehörigen und von Angriffen des IS.
Cîhan Henan ist Mitglied der Lagerleitung von Camp. Gegenüber ANHA berichtete sie über die Situation im Camp und die „Humanitäre Sicherheitsoperation“ im August und September. Henan weist darauf hin, dass die Operation aufgrund der türkischen Angriffe wenig nachhaltig war: „Nach Beginn der Operation hatte sich die Sicherheitslage im Lager ein bisschen verbessert. Seit den Angriffen des türkischen Besatzungsstaates auf die Kontrollpunkte des Lagers herrscht jedoch Chaos und es kommt zu Fluchtversuchen.“ Bei der 24-tägigen Durchsuchung des Lagers zwischen dem 25. August 2022 und dem 17. September 2022 konnten sechs Frauen aus Gefangenschaft befreit, unzählige Waffen sichergestellt und IS-Zellen zerschlagen werden. 226 IS-Mitglieder, darunter 36 Frauen, wurden festgenommen. Die Frauen waren an Morden und an Folter beteiligt. Bei der Operation waren zwei Kämpfer der QSD gefallen.
„Das Lager kann jeden Moment außer Kontrolle geraten“
Cîhan Henan fährt fort: „Wenn die Angriffe des türkischen Besatzungsstaates auf die Region anhalten, könnte das Lager jederzeit außer Kontrolle geraten. Dies wäre eine Katastrophe für die ganze Menschheit.“ Außerdem fordert Cîhan Henan, dass den irakischen Staatsangehörigen und Binnenflüchtlingen aus Syrien die Rückkehr ermöglicht werden müsse und die ausländischen IS-Angehörigen von ihren Heimatstaaten übernommen werden.
Das Camp Hol in Zahlen
Das 45 Kilometer östlich von Hesekê gelegen Camp Hol gilt das gefährlichste Lager der Welt. Aktuellen Statistiken zufolge befinden sich in dem aus neun Abschnitten bestehenden Lager 53.098 Personen, die sich auf 14.601 Familien verteilen. Es handelt um 27.118 irakische Staatsbürger:innen in 7.275 Familien und 18.166 syrische Staatsbürger:innen in 5.024 Familien. Hinzu kommen 7.803 Frauen, Kinder und Jugendliche im Bereich der internationalen IS-Angehörigen in 2.291 Familien. Die IS-Angehörigen stammen aus 54 Ländern.
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