IRAN / PJAK-Vorsitzende Zîlan Vejîn: Die Lösung liegt im dritten Weg
In Iran war die Forderung der Frauen und Völker immer lebendig, erklärt die PJAK-Vorsitzende Zîlan Vejîn und ruft zu einer breiten Allianz gegen das Regime der Islamischen Republik auf.
Die Proteste nach der Ermordung von Jina Amini durch die iranische Sittenpolizei reißen seit 40 Tagen nicht ab. Viele Städte in Ostkurdistan und Iran befinden sich im Aufstand, der von den Frauen unter der Parole „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) angeführt wird.
Die Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) und die ostkurdische Bewegung für Freiheit und Demokratie (KODAR) haben kürzlich eine Roadmap zur Lösung der Krise im Iran und Ostkurdistan vorgeschlagen. Im ANF-Gespräch unterstreicht die Ko-Vorsitzende der PJAK, Zîlan Vejîn, dass ihre Lösungsvorschläge den Forderungen der aufständischen Bevölkerung Irans und Ostkurdistans, insbesondere der Frauen, entsprechen.
Es sind 40 Tage nach der Ermordung von Jina Amini vergangen. Die Proteste sind zum Aufstand in Ostkurdistan und Iran geworden. Warum ist gerade Jina Amini zur Auslöserin eines gemeinschaftlichen Widerstands in ganz Iran geworden?
Zunächst sei darauf hingewiesen, dass sich die Völker Irans nach der islamischen Revolution von 1979 stets gegen die Politik, das politische Konzept und das System des derzeitigen Regimes aufgelehnt haben. Das betrifft insbesondere die Politik in Bezug auf die Frauen, die Gesellschaft und die Völker. Die Wut über den Umgang des derzeitigen Regimes mit den Frauen, der Gesellschaft und den Völkern war immer groß, und die Forderung nach Veränderung war stets lebendig. Die Forderungen der Frauen und der Völker nach Freiheit, Gleichheit und Demokratie wurden jedoch vom derzeitigen Regime stets mit Gewalt, Unterdrückung und Unmenschlichkeit beantwortet. Das geltende Recht und die Gesetzgebung verweigern Frauen jedes Recht. Die Realität des Staates und Regimes beruht auf der absoluten Versklavung der Frauen. Die Frauen befinden sich in einem Gefängnis. Natürlich befinden sich mit ihnen auch die gesamte Gesellschaft und die Völker in einem Gefängnis. Dieses patriarchale, reaktionäre, sexistische und religiöse System, das auf der absoluten Versklavung der Frauen beruht, hält schließlich die gesamte Gesellschaft in der Sklaverei gefangen.
Was also durch Jina zum Ausdruck kommt, ist die Forderung nach Freiheit, Gleichheit, Demokratie und Gerechtigkeit für alle Völker in Iran. In Iran werden Kurd:innen, Araber:innen, Belutsch:innen und Aseri, kurz gesagt alle ethnischen und religiösen Gruppen und Völker verleugnet, ignoriert. Ihre legitimen Forderungen werden mit Gewalt beantwortet. In diesem Sinne identifizieren sich die Frauen am stärksten mit Jina, aber die Bevölkerung insgesamt, fordert angeführt von den Frauen eine freie Zukunft durch die Person von Jina ein. Denn in einem Land, in dem Frauen nicht frei sind, ist niemand frei. Daher hat die Priorisierung der Freiheit der Frauen und die Tatsache, dass alle Völker in Iran ihre freie Zukunft mit dem Slogan „Jin, Jiyan, Azadî“ in der Freiheit der Frauen sehen, eine große Bedeutung und Tiefe. Auf dieser Grundlage wird die Freiheit der Frau die Freiheit des ganzen Landes prägen und seine Zukunft bestimmen. Der Geist, der durch Jina entstand, ist der Geist eines von Frauen geführten Widerstands für die Freiheit und Gleichheit der Völker Irans. In ihm manifestiert sich die historische Tiefe des Widerstands. Es geht um die Besinnung auf die eigenen historischen Wurzeln, das eigene Wesen und die Verbundenheit mit der Frau. Das Ziel ist der Aufbau einer freien Gesellschaft auf der Grundlage freier Frauen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der berücksichtigt werden muss, ist natürlich, dass Jina Kurdin war und das Zentrum der Demonstrationen in Kurdistan lag. Der Serhildan (Aufstand) begann in Kurdistan, aber Teheran, Tabris, Belutschistan und Ahwaz griffen die Stimme Kurdistans auf. In diesem Sinne ist Kurdistan ein Fokus für alle anderen iranischen Völker. Daher hat der von kurdischen Frauen und der Bevölkerung ins Leben gerufene Serhildan auf viele Städte übergegriffen, insbesondere in der Hauptstadt Teheran, und er geht weiter. Die Rolle Kurdistans ist wichtig. Man sollte sehen, was für eine Quelle der Kraft, Moral und Motivation Kurdistan ist. Dieser Aspekt könnte sicher noch umfassender bewertet werden, aber in der Kürze kann ich ihn so darstellen.
„Jin, Jiyan, Azadî“ bringt die Freiheit
Warum spielt die Parole „Jin, Jiyan, Azadî“ eine so wichtige Rolle? Was ist ihr Einfluss auf die Völker Irans?
Man muss sehen, dass alle sich im Serhildan unter dieser Parole zusammengeschlossen haben, ohne zu fragen oder zu hinterfragen. Die Bevölkerung und die Frauen in Iran suchen seit Jahren nach einer Formel, wie sie aus der derzeitigen Situation herauskommen können. In diesem Sinne wurde der Slogan „Jin, Jiyan, Azadî“ zum Ausdruck dafür, welche Art von Zukunft alle Völker in Iran und insbesondere die Frauen anstreben. Auch ist die Formulierung „Jin, Jiyan, Azadî“ Ausdruck einer gemeinsamen Kultur, Sprache und Sozialgeschichte der indoeuropäischen Sprachfamilie. Deshalb haben sich alle Menschen jeden Alters in Iran und Rojhilat unter dieser Losung vereint und sich erhoben. Denn in Iran gibt es keine Frauen, kein Leben und keine Freiheit. Jetzt werden zunächst die Identität und die Existenz der Frauen auf der Grundlage freier und gleichberechtigter Prinzipien anerkannt, dann wird das Leben um diese Prinzipien und die Realität der Frauen herum aufgebaut, und die Freiheit wird mit der Herausbildung dieser Prinzipien realisiert.
Es gibt jedoch auch Angriffe und Versuche, den Slogan „Jin, Jiyan, Azadî“ und die ideologische und philosophische Realität, auf der er beruht, zu verdrehen. Es gibt Ansätze und Propagandaaktivitäten, die darauf abzielen, die Parole ihres Wesens zu berauben. Einige Kräfte und das iranische Regime, die sich selbst als Alternative und Opposition definieren, greifen auch die Formulierung „Jin, Jiyan, Azadî“ an und versuchen, ihr Wesen zu verzerren. Der Kampf gegen diese Kräfte ist eine wichtige Aufgabe für alle, die von der Philosophie und der ideologischen Wahrheit von „Jin, Jiyan, Azadî“ überzeugt sind. Daher ist es notwendig, immer auf diese Quelle hinzuweisen und die philosophische und ideologische Realität, auf der sie beruht, richtig auszudrücken und zu verstehen. Rêber Apo [Abdullah Öcalan] schuf mit der Formulierung von „Jin, Jîyan, Azadî“ die Freiheitsbewegung der kurdischen Frauen und die Realität der kämpfenden Frauen. Er machte sie zur philosophischen und ideologischen Grundlage und Quelle der Frauenbewegung.
Natürlich war Rêber Apo der erste, der diese Parole als „Zauberformel“ zum Ausdruck brachte. Seit 50 Jahren hat er mit diesem philosophischen und ideologischen Ansatz sowohl die kurdische Freiheitsbewegung als auch die Freiheitsbewegung der Frauen in den vier Teilen Kurdistans geformt, gestaltet und strukturiert. Die Essenz des Paradigmas für den Aufbau einer demokratischen ökologischen Gesellschaft auf der Grundlage der Frauenbefreiung manifestiert sich in der Parole „Jin, Jiyan, Azadî“. Sie ist daher der Schlüssel zur Lösung aller sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen, militärischen und politischen Probleme, welche die kapitalistische Moderne und die nationalstaatlichen Strukturen geschaffen haben. Sie ist der Kompass und die Richtschnur für alle, die auf der Suche nach einem Ausweg aus diesen Problemen sind. Deshalb wird sie von allen akzeptiert und verwendet. Am 24. Juni 2013 forderte Rêber Apo die Aktivistinnen der kurdischen Frauenfreiheitsbewegung auf: „Ihr müsst weiterhin die Zauberformel ‚Jin, Jiyan, Azadî‘ lehren und etablieren.“ Er gab ihnen die Aufgabe, sich auf diese Formulierung zu stützen und sie in ganz Kurdistan, im Nahen Osten und in der Welt zu verbreiten. Die von der Gemeinschaft der freien Frauen Ostkurdistans (KJAR) geführte Frauenfreiheitsbewegung in Rojhilat basiert auf dieser ideologischen und philosophischen Realität. Das iranische Regime hört diese Parole nicht zum ersten Mal. Unsere Genossin Şirin Alamhouli war die erste, die den Slogan „Jin, Jiyan, Azadî“ an die Wand eines iranischen Kerkers schrieb. Diese Parole führt auf den Weg der Freiheit. Abschließend möchte ich zu Ihrer Frage sagen, dass der Kampf der kurdischen Frauen gegen Sexismus, Nationalismus und Fundamentalismus einen großen Einfluss auf den aufkommenden Frauenbefreiungskampf in der Welt hat und die Frauen der Welt inspiriert. In diesem Sinne wird der Kampf der kurdischen Frauen universell.
43 Jahre patriarchales Mullah-Regime
In Iran waren Frauen schon immer die führende Kraft revolutionärer Aufbrüche. Was wollen die Frauen, warum fordern sie den Sturz des Regimes?
Es ist eine wichtige Frage, und so wichtig sie auch ist, so wichtig ist es auch, die Forderungen korrekt zur Sprache zu bringen. Die Frauen haben ihre Wut und Rebellion gegen das derzeitige totalitäre, sexistische und undemokratische iranische Regime zum Ausdruck gebracht, indem sie ihre Haare abschnitten und ihre Hidschabs abwarfen. Es ist jedoch auch notwendig, die Quelle dieses Zorns richtig zu definieren und den Ausgangspunkt der Revolte richtig darzustellen. Frauen werden in Iran zu Objekten gemacht. Ihr Wille und ihre Existenz werden in dem patriarchalen, sexistischen System gefangen gehalten und ignoriert. Die Freiheit der Frauen ist nicht nur eine Teilbereichsfrage, sie drückt zugleich eine andere soziale Realität und Freiheit aus. Die Forderungen von Frauen nach Freiheit werden nicht damit enden, dass das iranische Regime den Hidschab lockert oder die Institution der Sittenpolizei reformiert. Die Forderungen nach Freiheit werden erst dann aufhören, wenn die Verfassung zugunsten der Rechte der Frauen reformiert und das gesamte männlich dominierte, religiöse und sexistische Gesicht des Systems geändert wird. Daher ist ein mentaler und paradigmatischer Wechsel erforderlich. Das wird natürlich nicht einfach sein. Wir haben es mit einem 43 Jahre alten, patriarchalen, reaktionären Regime zu tun. Es hat sich in wirtschaftlicher, politischer, sozialer und kultureller Hinsicht institutionalisiert. Auf der Grundlage dieser institutionellen Realität systematisiert und legitimiert es die Ausbeutung. Es unterdrückt und verfolgt die Frauen und Völker, die aufgrund ihres Glaubens, ihrer Sprache, ihrer Kultur und ihrer ethnischen Identität marginalisiert wurden, und fügt ihnen alle Arten von Gewalt zu.
Die Situation der Frauen kann nicht von der Realität der Gesellschaft getrennt werden. Die Realität der Frauen ist in die Realität der Gesellschaft integriert. In diesem Sinne sind die Forderungen der Frauen nach Gleichheit und Freiheit auch die Forderungen der kurdischen, aserbaidschanischen, belutschischen und arabischen Völker. Eine wichtige Frage ist nun, in welche Richtung die Forderungen erfüllt werden, wenn es zu Veränderungen kommt. Weder beschwichtigende Lösungen noch auf das kapitalistische System ausgerichtete Umgestaltungen und Veränderungen werden den Forderungen nach Freiheit gerecht. Denn die Situation, in der sich das kapitalistische System heute befindet, ist ein Zustand der Krise und des Chaos. Das liberale Leben und die nationalstaatliche Strukturierung bringen keine Lösungen für die politischen, sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen, ökologischen und militärischen Probleme im Nahen Osten und in der Welt hervor, sondern verschärfen sie.
Die moralischen und kulturellen Werte der Menschheit werden durch dieses System stark angegriffen. Daher ist es notwendig, einen Wandel herbeizuführen, indem wir die demokratische Kultur und die Werte der Gemeinschaft in den Vordergrund stellen und auf den Aufbau einer demokratischen Nation hinarbeiten. Die dynamische Kraft und die wirklichen Brennpunkte, die diesen Wandel herbeiführen werden, sind zweifellos die Frauen und die Völker. Der Verlauf ihres Kampfes wird entscheidend dafür sein, dass dieser Prozess zugunsten von Demokratie und Freiheit funktioniert. Die Frauen dürfen nie die Hoffnung verlieren und müssen selbstbewusst und entschlossen sein, den Widerstand in jedem Fall zu Ergebnissen zu führen. Zweifellos wird ein hoher Preis gezahlt, aber der Widerstand muss weitergehen, bis Ergebnisse erzielt werden. Der gemeinsame Geist des Widerstands, den die Völker unter der Führung von Frauen erreicht haben, muss bewahrt und weiterentwickelt werden. Die Forderungen der von Frauen geführten Völker müssen auf dieser Grundlage verstanden und bewertet werden.
„Die Lösung liegt im Innern“
Was ist Ihrer Meinung nach die Lösung, was sind Ihre Vorschläge?
Die von Frauen geführte Freiheitsrevolution hat nun 40 Tage hinter sich gebracht. Die Frauen im Besonderen und die Bevölkerung im Allgemeinen sind hartnäckig und bringen zum Ausdruck, dass sie die Straßen und Plätze nicht verlassen werden, bis eine Veränderung erreicht wird. Das iranische Regime hat auf die Forderungen bisher mit Gewalt geantwortet. Es hat Hunderte von Menschen getötet, Tausende befinden sich derzeit in Folterzentren und in Haft. Trotz dieser Gewalt und dieser Angriffe glaube ich nicht, dass die Frauen und die Völker von nun an einen Schritt zurücktreten werden. Sie wehren sich um jeden Preis. Was bisher geschehen ist, zeigt das. Sie fragen also, wie und wo die Lösung gesucht werden kann, was die wirkliche Lösung sein kann. Politische und gesellschaftliche Organisationen, Formationen und Strukturen sowie das Regime tragen Verantwortung.
Wenn das Land in einer Atmosphäre ständiger Konflikte, Gewalt und Kriege gehalten wird, ist dem Regime nicht geholfen. Dabei muss berücksichtigt werden, was im Nahen Osten bereits geschehen ist. Syrien und Irak sind die konkretesten Beispiele. Das Regime muss aus dem lernen, was in diesen Ländern geschehen ist. Es muss auf die Forderungen des Volkes hören und sie verstehen und sich einem demokratischen Wandel und einer Transformation im Einklang mit diesen Forderungen unterziehen. Wenn wir genau hinschauen, haben die Völker keine Macht von außen gebeten, ihre Forderungen zu erfüllen, und sie tun dies auch weiterhin nicht. Denn sie haben gesehen, was aus den Ländern geworden ist, in denen die kapitalistischen nationalstaatlichen Mächte interveniert haben: Instabilität, Zerstörung und ständiger Krieg in jeder Hinsicht sind das fast unveränderliche Schicksal dieser Länder geworden. Daher sieht die Bewegung die Lösung in der inneren Dynamik und setzt darauf.
Einer der wichtigsten Parolen von Aserbaidschaner:innen, Araber:innen, Perser:innen, Belutsch:innen und Kurd:innen lautet: „Wir sind die Säulen und Stützen des jeweils anderen.“ Das iranische Regime muss auf die Forderungen der Völker, Gesellschaften und Frauen eingehen, indem es diese Realität anerkennt. Das Regime erklärt, dass alle kapitalistischen internationalen Mächte ihm gegenüber feindlich gesinnt seien und sie darauf abzielten, Iran zu zerstören und zu vernichten. Daher befinde es sich im In- und Ausland im Kriegszustand mit diesen Mächten. Auf dieser Grundlage war das Regime stets ein wichtiger Bestandteil der laufenden Kriege in Ländern wie Libanon, Jemen, Irak, Syrien und Afghanistan.
„Das Regime glaubte, durch Krieg den Kampf fernzuhalten“
Iran hat immer gegen die Kräfte gekämpft, die er in diesen Bereichen als Feinde definiert, und er dachte und denkt, dass er damit den Krieg und den Kampf aus dem Inneren Irans fernhalten würde. Es ist notwendig festzustellen, dass sich das Regime in dieser Hinsicht stark irrt. Auch die heutigen Ereignisse bestätigen dies. Denn es sind die Völker Irans, die die eigentlichen Probleme und Konflikte mit dem derzeitigen iranischen Regime haben. Ein Land kann sich nicht für ausländische Interventionen öffnen, ohne interne Dynamiken und Initiativen zu mobilisieren, die zu Erschütterungen im bestehenden System führen.
Deshalb sollte das Regime auf die gesellschaftliche Opposition hören und verstehen, was die innere Dynamik will, anstatt zu propagieren, wie feindlich ihnen die ausländischen Mächte gegenüber stünden und dass die innere Dynamik von diesen ausländischen Mächten gelenkt werde. Denn es sind die Völker Irans, die einen Wandel auf der Grundlage von Demokratie und Freiheit fordern. Sie sind die Träger der sozialen und kulturellen Werte, die sie historisch bis heute am stärksten vertreten und geschützt haben. Diese Völker lieben ihr Land und ihre Heimat mehr als alle anderen und wollen sie schützen. Es ist bemerkenswert, dass sie nicht nur den Tod des Diktators skandierten, sondern auch Parolen, die ihre Ablehnung gegenüber den USA und Israel zum Ausdruck brachten. Sie haben immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass sie das imperiale System, das die Welt beherrscht, nicht akzeptieren und gegen dieses stehen. Daher sollte das iranische Regime offen dafür sein, die Forderungen des iranischen Volkes nach einer Lösung zu erfüllen.
Eine weitere wichtige Frage ist, welche Lösungen die Kräfte, Formationen und Strukturen, die sich selbst als reformistisch bezeichnen, ins Auge fassen. Es ist notwendig, die Ansätze dieser Kräfte zu bewerten und den Prozess und die Ursachen zu hinterfragen, die in Iran zu der Revolution von 1979 geführt haben, um ausreichende Lehren und Schlussfolgerungen zu ziehen. So wie sich die Völker und Frauen heute gegen die antidemokratischen Praktiken und die Realität des gegenwärtigen Regimes auflehnen, haben sie sich in der Zeit vor 1979 gegen die Politik der damaligen Regierung erhoben und Freiheit gefordert. Sie wandten sich gegen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten in sozialer, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Sie lehnten sich gegen ein Verständnis auf, das die Gesellschaft und die Völker spaltet und polarisiert, die wirtschaftlichen Ressourcen des Landes ausbeutet und sie in den Dienst einer bestimmten Gruppe von Menschen stellt. Arbeiter:innen, Werktätige, Frauen und Völker wehrten sich gegen die Ausbeutung der Arbeitskraft, gegen die Politik der kapitalistischen Moderne, die die moralischen und politischen Werte der Gesellschaft zerstört und aushöhlt, und gegen die Politik, die den Frauen die Existenz raubt, sie zur Ware macht und ausbeutet. Sie kämpften darum, das zu ändern. Daher kann die Lösung nicht in einem orientalistischen Ansatz liegen, wie ihn die Kräfte der kapitalistischen Moderne anstreben. Während sich der Kapitalismus selbst in einer systemischen Sackgasse und Krise im Nahen Osten und auf der ganzen Welt befindet, wird es nicht zielführend sein, die von diesem System vorgesehenen Lösungen als Alternative zu akzeptieren und sich daran zu klammern. In diesem Sinne werden die Lösungsansätze von den Kräften, die sich in der gegenwärtigen Situation als Reformisten bezeichnen, von den iranischen Völkern nicht akzeptiert und angenommen werden. Diese sollten die Realität anerkennen und sich von diesem falschen Ansatz verabschieden.
„Lokale Selbstverwaltungen aufbauen“
Wir definieren die von uns angestrebte Lösung als den dritten Weg und die dritte Linie. Die Kräfte, die diese Linie vertreten, sind das Bündnis für Demokratie und Freiheit und die von Frauen angeführte Front der Völker mit ihren Forderungen nach Freiheit, Demokratie und Gleichheit. Als PJAK und KODAR haben wir zuvor unseren Fahrplan und Vorschlag für die Lösung vorgestellt. Die Forderungen, die Frauen und Völker heute erheben, sind die Lösungsvorschläge, die auch wir ins Auge fassen. Konkret sollte die Verfassung des Landes auf der Grundlage demokratischer Kriterien überarbeitet werden. Die Existenz und Identität aller in Iran lebenden kulturellen, religiösen und ethnischen Strukturen und Völker muss auf der Grundlage von Gleichheit, Freiheit und Demokratie verfassungsmäßig garantiert werden. Auf der Grundlage des Schutzes der territorialen Integrität Irans sollten die lokalen Regierungen und Verwaltungen eingerichtet und gestärkt werden. Das Recht der Frauen, sich frei und gleichberechtigt in den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und allen anderen Bereichen des Landes zu äußern und zu vertreten, muss verfassungsmäßig garantiert werden. Der Wille der Jugend, der dynamischsten und wegweisendsten Kraft der Gesellschaft und des Landes, muss als Grundlage genommen und als Kraft für den Aufbau einer freien Zukunft des Landes anerkannt werden.
„Wir sind bereit zur Allianz mit allen Kräften für eine freie Zukunft“
Nicht zuletzt sind die Kurd:innen eine wichtige Dynamik und der Hauptakteur des Wandels im Iran. Wie sollten sich kurdische politische Parteien, Bewegungen und Organisationen in diesem Prozess verhalten? Welchen Ansatz verfolgen Sie in dieser Frage?
Die Augen der Welt richten sich nun auf die Entwicklungen in Iran und Rojhilat. Man muss zugeben, dass die Kurd:innen zusammen mit den Frauen die wichtigste Avantgarde im Lande bilden. So wie die Völker der Welt ihre Hoffnungen auf den Freiheitskampf der iranischen Frauen setzen, sehen die Völker Irans und der Welt ihre Zukunft in Freiheit im Kampf der Kurd:innen. Daher können diese Erwartungen und Forderungen nicht mit engstirniger nationalistischer Politik und solchen Ansätzen erfüllt werden. Die Kräfte, die diesen Prozess auf einer engen nationalistischen und parteipolitischen Basis angehen, werden verlieren. Mit diesem Verständnis können sie weder einen Kampf führen noch Politik machen. Wenn eine richtige nationale Politik betrieben wird und Projekte auf dieser Grundlage vorgelegt werden, werden diese von allen Völkern in Iran akzeptiert werden.
Die persische Bevölkerung skandierte während der Demonstrationen „Kurdistan Kurdistan, du bist die Augen und das Licht Irans“. Aserbaidschaner:innen skandierten „Kurdistan steht, Aserbaidschan ist seine Stütze“. Die Belutsch:innen skandierten ebenfalls Slogans und forderten Kurdistan auf, eine führende Rolle zu spielen. Daher hängen der Erfolg und die Verwirklichung dieses Prozesses zugunsten der Frauen und Völker von der Rolle ab, die Kurdistan spielen wird. Kurdistan und das kurdische Volk sowie alle kurdischen Parteien müssen handeln und diese Realität anerkennen. Modernistische, reformistische Lösungen und Maßnahmen sollten vermieden werden. Der Aufbau der demokratischen Nation sollte angestrebt werden, und die nationale Einheit und die Bildung von Bündnissen sollten auf dieser Grundlage angegangen werden. Die Koexistenz mit den Völkern auf der Grundlage der demokratischen Kultur und Werte sollte als Grundlage dienen, und es sollten Lösungen entwickelt werden, die diese stärken.
Wir haben zuvor ein Zehn-Punkte-Projekt für die Vereinigung der kurdischen Parteien vorgestellt und schließlich ein aus elf Artikeln bestehendes Dokument mit Vorschlägen vorgelegt, das besagt, dass sich alle kurdischen Kräfte vereinigen und unter der Flagge der in Mahabad ausgerufenen Kurdischen Republik kämpfen sollen. Ich möchte erklären, dass wir bereit sind, uns mit allen Kräften zu verbünden, die die freie Zukunft und die Forderungen unseres Volkes zur Hauptachse des Kampfes machen, und dass wir ein Projekt zu diesem Thema haben. Wir sind eine Partei und eine Bewegung, die sich auf ihre eigene Kraft stützt. Wir leiten unsere Kraft von unserem Volk und dem Paradigma von Rêber Apo ab. Das apoistische Paradigma ist unsere Roadmap. Wir sind die bahnbrechende und ausführende Kraft, die dieses Paradigma mit Leben erfüllt und es in eine systemische Struktur bringt. Wir agieren in diesem Auftrag, und ich erkläre, dass wir im Bewusstsein unserer Aufgabe und Verantwortung gegenüber allen iranischen Völkern und insbesondere den Frauen und dem kurdischen Volk handeln werden.
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