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Islamisten der HTS übernehmen Kontrolle in Efrîn

Nach tagelangen Kämpfen im nordwestsyrischen Efrîn hat sich der Großteil der SNA-Milizen zurückgezogen. Damit kippt das Kontrollverhältnis zu Gunsten des Al-Qaida-Sprösslings HTS, der schon Idlib zu einem De-Facto-Emirat machte.

Nach tagelangen Kämpfen im nordwestsyrischen Efrîn hat sich der Großteil der Milizen des dschihadistischen Invasionskorps „Syrische Nationale Armee“ (SNA) von seinen Positionen in der Region zurückgezogen. Damit kippt das Kontrollverhältnis zu Gunsten des Al-Qaida-Sprösslings „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS), der bereits das syrische Gouvernement Idlib zu einem De-Facto-Emirat machte. Seit Donnerstag steht die gesamte Region Efrîn unter der vollständigen Gewalt von HTS.

Nach Angaben von lokalen Quellen sei es HTS „ohne größere Anstrengungen“ gelungen, die größten Fraktionen der konkurrierenden SNA – unter anderem Ahrar al-Sharqiya, Jabhat al-Shamiya (Levante-Front) und Jaysh al-Islam – zu vertreiben und Efrîn binnen weniger Tage einzunehmen. Das SNA-Lager ist stark zersplittert: schon länger kommt es immer wieder zu internen Konflikten, um hegemoniale Ansprüche durchzusetzen. Seit Anfang der Woche war von besonders heftigen Auseinandersetzungen die Rede. HTS scheint die Kämpfe zwischen den Fraktionen der SNA ausgenutzt zu haben, um Fortschritte bei dem seit 2021 propagierten Vorhaben zu erzielen, Efrîn und Idlib unter eine „gemeinsame Verwaltung“ zu stellen.

Unterstützung beim Vormarsch auf Efrîn erhielt HTS von Furqat al-Hamza (auch Hamza-Division oder Al-Hamzat) sowie der Sulaiman-Schah-Brigade (Al-Amshat). Beide Milizen waren zuvor zu HTS übergelaufen und haben maßgeblich daran mitgewirkt, ehemalige SNA-Verbündete aus Efrîn zu vertreiben. Ins Visier geriet auch die Zivilbevölkerung. Im ehemals alevitisch geprägten Kreis Mabeta und in der ezidisch dominierten Gegend um Şêrawa sollen die Söldner beider Milizen besonders brutal vorgegangen sein. Die Zahl der Toten und Verletzten bleibt derweil weiter unklar. Eine kurdische Menschenrechtsgruppe meldete am Mittwoch den Tod von drei Frauen, eine von ihnen stammte aus dem ezidischen Dorf Kurzêlê und war schwanger. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) mit Sitz in London sprach von 27 getöteten Zivilpersonen und Söldnern.

HTS setzt unterdessen den Vormarsch im nördlichen Syrien fort. Aktuell dringt das Dschihadistenbündnis weiter Richtung Azaz und Dscharablus vor. Menschenrechtsorganisiationen äußerten die Befürchtung, dass die Übernahme Efrîns durch HTS zu noch brutaleren Übergriffen auf die lokale Bevölkerung führen könnte. „Diese Leute sind noch radikaler als die Gruppen, die Efrîn seit 2018 beherrschen. HTS hat dieselbe Ideologie wie der IS, die den Menschen in Efrîn in jedem Fall aufgezwungen wird“, sagte Ibrahîm Şêxo von „Rêxistina Mafên Mirovan li Efrînê-Sûriye“ (RMME). Das „Afrin-Krankenhaus“ wurde nach bislang unbestätigten Informationen geräumt und soll fortan als Hauptquartier von HTS fungieren. Die Führung der türkischen Besatzungsmacht in Ankara hat sich zu den Entwicklungen in Efrîn bislang nicht geäußert.

HTS seit Mai im Raum Efrîn

Im Mai 2022 haben die türkischen Besatzungstruppen damit begonnen, HTS-Milizionäre aus Idlib nach Efrîn zu verlegen. HTS ist ein Dschihadistenbündnis, das von dem ehemaligen Syrien-Ableger von al-Qaida dominiert wird, der berüchtigten Terrorgruppe Jabhat al-Nusra, aus der auch der sogenannte Islamische Staat (IS) zu wichtigen Teilen hervorging. HTS wird sowohl von der Türkei als auch von Katar unterstützt, finanziert und teilweise gesteuert. Die HTS-Dschihadisten wurden vor allem in die Gebiete um Şêrawa und Cindirês gebracht. Dort verfolgt die Türkei die Strategie der Errichtung einer dschihadistischen Pufferzone vom Süden Efrîns bis zum Westen von Minbic und Kobanê, um den Kampf gegen die Besatzung einzudämmen und die Ausweitung der besetzten Gebiete vorzubereiten.

Efrîn seit 2018 besetzt

Noch bis vor einigen Jahren wurde Efrîn nach dem Kantonsprinzip von Rojava selbstverwaltet. Seit dem 18. März 2018 wird die Region von türkischen Militärs und islamistischen Milizen besetzt. Unter Besatzungstruppen ist in Efrîn ein Terrorregime etabliert worden: Bombardierungen von zivilen Siedlungsgebieten bestimmen den Alltag der einst sichersten Region ganz Syriens; Verschleppungen, Exekutionen, Folter, Plünderung und Vertreibung gehören zum Tagesgeschäft der Söldner der Besatzungsmacht. Die kurdische Bevölkerung wurde zum Großteil vertrieben und durch türkeitreue Siedler ersetzt.

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