Enorme Dürre im Irak und in Syrien
Steigende Temperaturen, fehlende Niederschläge, Dürren und ein extrem niedriger Wasserspiegel des Flusses Euphrat haben in den vergangenen Wochen zu einem verheerenden Wassermangel in Syrien und im Irak geführt. Das Leben von zwölf Millionen Menschen ist dadurch gefährdet, warnte am Montag die Hilfsorganisation CARE. Auch in anderen Ländern der Region ist die Situation angespannt.
Mehr als fünf Millionen Menschen in Syrien sind der NGO zufolge direkt vom Wasser des Euphrat abhängig. Wenig Schneefall im Winter und geringe Niederschläge haben dazu geführt, dass der Fluss unterdurchschnittlich viel Wasser führt. Dazu kommt, dass rund 400 Quadratkilometer landwirtschaftliche Nutzfläche – und damit Ernten – von Dürre bedroht sind.
Zwei Staudämme in Nordsyrien, die drei Millionen Menschen mit Strom versorgen, stehen vor der Schließung. In zahlreichen syrischen Bezirken und Flüchtlingslagern nehmen durch verunreinigtes Trinkwasser übertragene Krankheiten deutlich zu.
„Lebensgefährliche Situation“
„Wenig Regen, die reduzierten Wasserstände des Euphrat und ausfallende Ernten ergeben eine lebensgefährliche Situation für die Menschen in Syrien und im Irak. Menschen, die ohnehin schon unter einem jahrelangen Konflikt, Vertreibungen, Covid-19 und Hunger leiden“, sagte Nirvana Shawky, Regionaldirektorin für CARE im Nahen Osten und in Nordafrika.
„Frauen und Mädchen erzählen uns, dass sie gezwungen sind, Mahlzeiten zu reduzieren, um sicherzustellen, dass ihre Familien überleben. Die Situation erfordert dringendes Handeln der Behörden in der Region und der Regierungen der Geberländer.“ Über die Notversorgung hinaus sei es zwingend erforderlich, nachhaltige Lösungen für die Wasserknappheit zu finden.
Bedrohliche Situation im Irak
Im Irak zeichnet sich ebenfalls eine bedrohliche Situation ab: Durch Wassermangel und Dürre ist laut CARE das Leben von mindestens sieben Millionen Menschen gefährdet. Große Teile des Ackerlandes können nicht bewirtschaftet werden, Fischereien sind leergefischt, Strom und Trinkwasserquellen aufgebraucht.
Im Gouvernement Ninive wird die Weizenproduktion aufgrund der Dürre heuer voraussichtlich um 70 Prozent geringer ausfallen, in der Region Kurdistan um die Hälfte. Familien im Bezirk Anbar, die keinen Zugang zu Flusswasser haben, müssen monatlich bis zu 80 US-Dollar für Wasser ausgeben. Viele Bauern haben ihre Ersparnisse ausgegeben und sich verschuldet, um ihre Tiere am Leben zu erhalten, oder müssen in andere Gebiete umsiedeln, um ihre Überlebenschancen zu erhöhen.
Anhaltende Dürre in Afghanistan
Das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF warnt unterdessen auch vor verheerender Dürre in Afghanistan, was die Situation in dem Land noch verschlimmern könnte. UNICEF fürchtet wachsende Not wegen der anhaltenden Dürre, der Wasserknappheit und der verheerenden Folgen der CoV-Pandemie, wodurch viele Menschen ihre Verdienstmöglichkeiten verloren haben und Kinder und Jugendliche den Schulbesuch unterbrechen mussten.
Nach Angaben von UNICEF brauchen rund zehn Millionen Kinder im Land humanitäre Unterstützung. Einer Million Kinder drohe heuer akute Unterernährung. Sie könnten ohne Hilfe sterben. „Wir rufen die Taliban und andere Akteure auf sicherzustellen, dass wir, UNICEF und unsere humanitären Partner, die bedürftigen Kinder schnell, sicher und ohne Hindernisse erreichen können, egal wo sie sind“, sagte UNICEF-Direktorin Henrietta Fore.
Proteste gegen Wassermangel im Iran
Wasserknappheit gibt es auch im Iran: CNN berichtete am Sonntag, dass der Urmiasee im Norden des Landes – einst der größte See der Region – komplett austrocknen könnte. Laut CNN fließen 90 Prozent des Wassers im Iran in die Landwirtschaft. Weniger Regen, steigende Temperaturen und höherer Wasserbedarf würden dazu führen, dass Flüsse und Seen austrocknen. Die Situation in dem Land ist derart angespannt, dass es in den vergangenen Monaten mehrfach Proteste wegen der Wasserknappheit gab.
Auch Libanon droht Wassermangel
Auch dem krisengeplagten Libanon drohen akute Engpässe bei der Wasserversorgung. Mehr als vier Millionen Menschen könnten in den kommenden Tagen von Wassermangel betroffen sein oder den Zugang zu sauberem Trinkwasser gänzlich verlieren, warnte UNICEF am Wochenende.
Regelmäßige Stromausfälle und steigende Kosten für Treibstoffe beeinträchtigen die Wasserförderung im Land erheblich. Bereits vor einem Monat hatte das UNO-Kinderhilfswerk Wasserknappheit für einen Großteil der rund sechs Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Libanon im Sommer prognostiziert. Seitdem habe sich die Situation nicht verbessert.
Das Land müsse umgehend Maßnahmen treffen, forderte Fore laut einer Mitteilung. Die Organisation befürchtet auch eine Zunahme von Krankheiten infolge von mangelnder Hygiene durch Wasserknappheit. Der Libanon leidet seit Monaten unter der Wirtschaftskrise, die zu einem dramatischen Versorgungsmangel geführt hat. Seit Tagen sind überall im Land die Tankstellen geschlossen, weil es an Treibstoff fehlt. Die meisten Libanesen müssen täglich stundenlang ohne Strom auskommen. Auch Kliniken sind von dem Mangel betroffen. In Apotheken fehlt es an Medikamenten.
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