Schulprüfungen unter Bomben


In Idlib versuchen mutige Lehrer*innen und Eltern gemeinsam, ihren Kindern Schulunterricht zu bieten – trotz Bombardierung und elendigen Lebensverhältnissen. Wir unterstützen sie dabei. Denn Bildung kann nicht warten, bis der Krieg zu Ende ist.
Ein ganzes Semester haben die Schüler*innen gelernt und sich auf die Halbjahresprüfungen vorbereitet. Das ist nicht selbstverständlich: Weil viele Orte in Idlib bombardiert werden, kann regulärer Unterricht oft nicht stattfinden. Obwohl Schulen eigentlich nach internationalem Recht unter besonderem Schutz stehen, hat das Assad-Regime seit Beginn des Krieges immer wieder auch gezielt Bildungseinrichtungen angegriffen.

Am 16. Januar forderte die Untersuchungskomission des UN-Menschenrechtsrates das Assad-Regime und alle bewaffneten Gruppen dazu auf alles zu tun, um den Zugang zu einer schulischen Ausbildung wieder zu ermöglichen. Es ist allerdings fraglich, ob Assad diesen Appell überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Solange diese Angriffe nicht geahndet werden – und das werden Verstöße gegen das Menschenrecht fast nie – wird das Regime nicht von seiner Kriegsstrategie ablassen.
Allein in der Region Idlib sind von den dortigen 1.193 Schulen mehr als 350 verlassen oder beschädigt, 200 dienen als Unterkunft für Binnenvertriebene, über 90 sind komplett zerstört. Zuletzt waren am 1. Januar fünf Kinder und zwei Lehrer*innen bei einem Luftangriff auf eine Schule getötet worden. „Die Gegenden, in denen die Kämpfe stattfinden und wo die Front verläuft, da haben die Schulen komplett aufgehört zu arbeiten“, erzählt unsere Partnerin Souad und Mutter von drei Kindern, die mit Unterstützung von Adopt a Revolution Schulunterricht für Binnenvertriebene organisiert.

Selbstorganisierter Unterricht in einem Flüchtlingscamp in Kalli. Um jeden Preis wollen Eltern die Zukunft der Kinder sichern, dafür legen sie all ihr Geld zusammen, um die Lehrer*innen zu bezahlen, damit Unterricht für die Kinder stattfinden kann.

Viele Menschen sind deshalb nach Idlib-Stadt geflohen. Denn im Gegensatz zu anderen Orten gibt es hier noch einige Schulen. Die Menschen nutzen jede Chance ihren Kindern Bildungsmöglichkeiten zu eröffnen. „Das ist auch der Grund, warum die Stadt so überfüllt ist“, erklärt Souad. Sie ist selbst aus Kafranbel ursprünglich nach Salqeen geflohen, „weil wir dachten, da sei es sicherer und es ist auch näher an der syrisch-türkischen Grenze. Aber damit meine Kinder zur Schule gehen können, haben wir beschlossen, nach Idlib-Stadt zu ziehen.“

Bildung kann nicht warten

In den vergangenen Tagen standen nun die Jahreszwischenprüfungen an. Trotz der ständigen Gefahr wollten die Schüler*innen unter allen Umständen die Prüfungen absolvieren. Seit Dezember ist aber auch Idlib-Stadt im Visier des Regimes und immer wieder starken Bombardierungen ausgesetzt. Das hat auch Auswirkungen auf die Prüfungen: „Die Bombardierung war so heftig, dass die Prüfungen für die älteren Kinder, die letzte Woche begonnen hatten, abgebrochen werden mussten“, erzählt uns Souad. „Einige Leute haben sich in den Bunkern versteckt. Ich bin für zwei Tage zu meiner Familie nach Salqeen geflohen. Danach sind wir aber wieder zurückgekommen, damit meine Kinder die Prüfungen bis Mittwoch fortsetzen können.“
Damit das überhaupt möglich ist, wurden die Prüfzeiten aus den Mittagsstunden in den frühen Morgen gelegt. Bereits um 7 Uhr starten die Prüfungen – neben der Müdigkeit kämpfen die Schüler*innen aber auch jederzeit mit der Angst vor neuen Bombardierungen. Das hat auch Auswirkungen auf die Leistungen. Wenn nur ein Motorrad vorbeikommt, denken sie gleich an die Kampfflugzeuge.

Die Zukunft liegt manchmal im Untergrund

Erfahren Sie hier mehr über den unterirdischen Kindergarten unserer Partnerinnen.
Für die Kleinsten hat unsere Partnerin Ola deshalb einen unterirdischen Kindergarten aufgebaut. Er soll den Kindern einen Ort geben, wo sie nicht nur lernen, sondern sich auch sicher fühlen können. 50 Kinder werden im “Friends – Learn for Peace” Projekt mittlerweile betreut.
“Den Eltern ist es sehr wichtig, dass ihre Kinder trotz des Krieges weiter die Möglichkeit haben, eine gute Bildung zu genießen”, betont unsere Partnerin Ola von Dammeh. „Außerdem können sie hier für eine kurze Zeit einfach Kind sein und dem Krieg entfliehen.“

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