„Hilfe leistet man nicht dem Aggressor, sondern den Opfern“
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der Türkei Hilfen beim Bau von
Unterkünften für Flüchtlinge in Nordsyrien in Aussicht gestellt. Salih
Muslim (PYD) findet für dieses Vorgehen klare Worte: „Hilfe leistet man
nicht dem Aggressor, sondern den Opfern.“
Bei ihrem Besuch in Istanbul erklärte die Bundeskanzlerin, es gehe um Möglichkeiten, die Türkei zu unterstützen bei der Versorgung von Menschen, die auf syrischem Gebiet in Zelten lebten. Hier stehe die Türkei vor einem „Riesenproblem“, wurde Merkel zitiert. Angesichts der Lage der Flüchtlinge im Winter werde die Bundesregierung prüfen, ob man dies finanziell fördern könne. Die Umsiedlungen in der sogenannten „Sicherheitszone“ müssten mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk geklärt werden.
Mit keinem Wort ging Merkel allerdings auf den seit dem 9. Oktober 2019 andauernden und von dschihadistischen Milizen unterstützten Angriffskrieg des EU-Partners gegen die selbstverwalteten Gebieten Nord- und Ostsyriens ein, der bisher mindestens 300.000 Menschen aus ihren angestammten Wohngebieten in den besetzten Städten Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) vertrieben hat. Und auch die restlichen Gebiete im Grenzstreifen werden unvermindert - trotz eines mit Russland geschlossenen Waffenstillstandsabkommens - terrorisiert, um die ursprünglichen Einwohner*innen zu vertreiben und Platz für die Angehörigen verbündeter Islamisten zu schaffen.
Dazu erklärte Salih Muslim: „Wenn Deutschland Hilfe leisten möchte, dann soll sie den Kindern und Frauen helfen, die Opfer der türkischen Besatzung geworden sind und nun den kalten Winter unter schwierigen Bedingungen in Camps verbringen müssen. Jede Unterstützung an Erdogan fließt an die islamistischen Banden und ihre in Nordsyrien angesiedelten Familien. Wenn Erdogan das Ziel gehabt hätte, den Menschen in Nordsyrien zu helfen, dann hätte er diese nicht umgebracht und aus ihren Häusern vertrieben. Diese Menschen müssen unter internationaler Beobachtung zurück in ihre Häuser geführt werden, um den demografischen Wandel zu stoppen. Hier könnte Deutschland Verantwortung übernehmen, denn Hilfe leistet man nicht dem Aggressor, sondern den Opfern.“
Medico International: Lange angekündigter Tabubruch
Anita Starosta von medico international bezeichnet Bundeskanzlerin Merkels Erklärung zur möglichen Unterstützung der Türkei in Nordsyrien bei ihrem Erdoğan-Besuch in Istanbul als „einen Tabubruch, der sich lange angekündigt hat“.
„Sollte die UN - auf Initiative Deutschlands - die Ansiedlung von Flüchtlingen in die türkische Sicherheitszone unterstützen, wäre dies ein Tabubruch, der den Krieg der Türkei in Nordsyrien nicht nur anerkennt, sondern aktiv unterstützt. Es kann und darf nicht sein, dass ein völkerrechtwidriger Angriffskrieg, als den der wissenschaftliche Dienst des Bundestags die türkische Invasion bezeichnet hat, mit internationaler und deutscher Hilfe legitimiert wird. Wenn diese Gelder nach Nordsyrien fließen, macht sich die Bundesregierung mitschuldig an der Vertreibung und Verfolgung der syrischen Kurden“, erklärte Starosta.
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