Idlib: Widerstand gegen Islamisten, Widerstand gegen Assad!
Erst HTS, dann Assad!
Das
neue Jahr ist noch jung – trotzdem überschlagen sich in Idlib bereits
die Ereignisse. Unser Partner Raed Abu Rabia hat seine Eindrücke der
letzten zwei Wochen aufgeschrieben.
Raed Abu Rabia ist der leitende Redakteur der Zeitung Zaitoun,
die 2013 von jungen Menschen in Saraqib gegründet wurde. In ihrer
Berichterstattung legen sie das Augenmerk auf die zivilgesellschaftliche
Bewegung in der Region. Viel Mut beweisen sie mit ihrer kritischen
Berichterstattung über dschihadistische Milizen und andere bewaffnete
Akteure.
An der Tür einer Schule in Samin, einer Stadt wenige Kilometer östlich von Idlib-Stadt, hat sich Blut mit Regenwasser gemischt. Zerrissene Körper von Frauen und Kindern liegen umher. Eine Streubombe hat zur Unterrichtszeit neun Lehrerinnen und Schüler*innen an einem der ersten Morgen dieses neuen Jahres aus dem Leben gerissen. 15 weitere Menschen wurden verletzt.
Medienaktivist*innen haben Bilder eines der verletzten Kinder verbreitet. Seine Familie war zuvor vor der Bombardierung auf Maarat Al-Numan geflohen – umsonst.
Ein Trauernder spricht aus, was viele hier denken: „Diese Bombardierung hatte ein einziges Ziel: Töten! Es hatte keinen anderen Grund. Die Bombardierung hat zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als die Geflüchteten hier in der Stadt dicht gedrängt waren. Die ursprüngliche Einwohnerzahl der Stadt lag bei 20.000 Personen, mit all den Geflüchteten sind wir nun 80.000.“
Flucht im Takt des Regimes
Viele solcher Geschichten der Syrer*innen im syrischen Norden weisen auf das Ausmaß der Katastrophe hin, die die Menschen hier erleben. Über 250.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen – zu bleiben wäre einem Selbstmord gleich gekommen. Mit vor Kälte blau gefärbten Lippen und durchnässten Füßen flohen sie in die vor Feuchtigkeit triefenden Zelte. Andere Zufluchtsorte gibt es für sie meist nicht.
Die
monatlichen Mietkosten in Städten wie Azaz, Al-Bab, Salqeen oder
Jarablus betragen um die 100 US-Dollar. Mietbedingung: Vorauszahlung von
drei, manchmal sogar sechs Monatsmieten. Der Transport von Hab und Gut
kostet zwischen 100-200 US-Dollar.
Aber auch für die Fliehenden ist die Situation oft aussichtslos. Aktuelle Statistiken sprechen von 250.000 Binnenflüchtlingen aus den bombardierten Gebieten und an der Front um Maarat Al-Numan. Viele finden keine richtige Behausung. Besonders in den derzeit noch sicheren Gebieten werden die Unterschlupfmöglichkeiten immer rarer. Menschen, die in unfertigen oder zerstörten Bauten leben, und verzweifelt versuchen, sich vor der Kälte zu schützen, indem sie die Öffnungen im Gemäuer irgendwie zustopfen, gehören hier mittlerweile zum Straßenbild.
Die ärmste Bevölkerungsschicht haust in Zelten. Während die Rohbauten zwar wenig Schutz vor Kälte, aber immerhin noch ein gewisses Maß an Privatsphäre bieten, entblößen Zelte mit ihren Stoffwänden ihre Bewohner*innen. Ein Zeltlager bietet keinerlei Sicherheitsgefühl – auch weil die wenigen Sanitäranlagen von so vielen Menschen genutzt werden müssen.
Wer trägt die Verantwortung?
*Al-Hassaan gehört zu einer Gruppe herausragender Aktivist*innen, die
weiterhin zu Demonstrationen gegen HTS aufrufen – und das obwohl er sich
in genau jenen Gebieten befindet.
Al-Hassaan ruft daher dazu auf, HTS aus Idlib zu vertreiben. Dies sei der erste Schritt, um die Revolution zu retten: „Es gibt keinen Unterschied zwischen dem einen Besatzer und dem anderen. Es gibt keinen Unterschied zwischen der einen Tyrannei und der anderen. Der erste Schritt zum Sieg ist es, den inneren Besatzer zu vertreiben – den Unterdrücker, der unter uns lebt, rauszuschmeißen.“
Assad ist dann als nächstes dran.
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