Waşokanî – ein revolutionärers Flüchtlingslager
aus:
„Yeni Özgür Politika“ vom 13. Dez. 2019. Gekürzt.
Die
BewohnerInnen des Lager Waşokani,
aus Serêkaniyê geflüchtet, waren zuerst in Schulen in Til Temir
und Hesekeh einquartiert worden. Jetzt sind es schon über 5.000, die
ins neue Lager Waşokani
(12 km w. von Hesekeh) zogen, und jeden Tag werden es 150 mehr. Die
örtlichen Räte und Kommunen haben alle Mittel mobilisiert, um den
Leuten in Not – Kurden, Araber, Armenier, Aramäer und Assyrer
menschenwürdig unterzubringen, unter Anleitung von der
Frauenorganisation „Kongreya Star“ und dem Roten Halbmond „Heyva
Sor a Kurd“.
Jetzt
wird fiebrig dran gearbeitet, das Lager winterfest zu machen: Der
Boden wird asphaltiert, und Betonblocks sollen das Eindringen von
Wasser in die Zelte verhindern. Die Lagerverwaltung kümmert sich um
Öfen und Wärme-Isolierung.
Das
Sozial- und Unterstützungskomitee eröffnete zusammen mit Heyva Sor
a Kurd einen Gesundheitscontainer, dazu einen mobilen
Gesundheitsposten und zwei Krankenwagen, die Tag und Nacht im Dienst
sind. Heyva Sor will auch Abteilungen für die Behandlung von Zahn-
und Inneren Krankheiten sowie von Frauen und Kindern eröffnen.
Allerdings macht die Versorgung mit Medikamenten gegen Zucker,
Bluthochdruck und Krebs große Probleme. Vor wenigen Tagen ist das
erste Baby im Lager geboren worden, es heißt Ferman. Und die Hebamme
von Heyva Sor hat schon alles bereit für die nächsten Geburten.
Das
Selbstverwaltungssystem aus Serêkaniyê mitgebracht
Die
Ko-Vorsitzende des Lagers, Helwa Saleh, erzählt, wie die Probleme
gelösten werden: „Wir haben das Selbstverwaltungssystem, wie es in
Serêkaniyê funktioniert hat, nach Waşokanî
mitgebracht. Wir kriegen ja keinerlei Hilfe von internationalen
Organisationen. Die Selbstverwaltungsräte der Umgebung arbeiten ohne
Lohn, um den Untergrund zu befestigen, die Zelte zu errichten und das
Lager mit dem Nötigen wie Wasser zu versorgen. Hier haben sich alle
mobilisiert für die Leute von Serêkaniyê. Im Lager braucht man
alles.
Was
Kongreya Star angeht, so kommen alle Frauengruppen und -Räte aus der
Umgebung ins Lager zum Helfen. Sie leisten enorm viel, um die Frauen
hier zu unterstützen, sich selbst zu organisieren und seelisch
wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Bis jetzt wohnen hier 5.000
Leute, davon 1.100 Frauen und 1.500 Kinder. Dann gibt es gebrechliche
Alte und Schwangere, etliche Hochschwangere. Und 50 Krebskranke und
eine nicht unerhebliche Anzahl von Behinderten.“
Über
das Rätesstem im Lager berichtet Helwa: „Wie in der Stadt den
Stadtrat, so haben wir hier den Lagerrat eingerichtet, und ihm
beigeordnet die Komitees. Im Lager gibt es 29 Kommunen, jede mit ca.
20 Familien. Die Kommunen stellen Listen auf, was sie brauchen, und
die Komitees kümmern sich darum: Lebensmittel, Unterkunft, Betten,
Kleidung usw. An jede Familie wird je nach Größe täglich Essen und
Brot verteilt. Es gibt zwei große Küchen, wo das Essen gekocht
wird. Die Kommunen kommen der Reihe nach in die Küche und holen sich
gemäß ihrer Personenzahl des Essen. Zweimal am Tag wird den
Kommunen Wasser ausgeteilt. Der Abfall wird täglich eingesammelt. In
den Bädern gibt es genügend warmes Wasser. Jeden Tag kommen 30
Freiwillige zu arbeiten, und jedes Mitglied eines Rates verrichtet
der Reihe nach unentgeltlich seinen Dienst.“
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